Beim Bodyweight-Training kann man mit Fug und Recht behaupten, dass es sich diesmal nicht um eine Erfindung der Amerikaner handelt. Schon der alte Turnvater Jahn und auch Joseph Pilates wussten, wie intensiv und effektiv das Training mit dem eigenen Körpergewicht sein kann.
Der wohl wichtigste Vorteil dieses Trainings liegt im Begriff selbst verborgen... Man benötigt keinerlei Hilfsmittel, um ein effektives Training durchzuführen. Vor allem Leistungssportler nutzen diese Trainingsform schon lange und auch für die Fitnessbranche ist dies sicherlich kein Neuland.
Die Möglichkeiten gehen jedoch weit über die klassischen Übungen wie Liegestütze, Kniebeugen und Klimmzüge hinaus. Durch immer einfallsreichere Trainer/innen und auch Sportler/innen gibt es mittlerweile unzählige Übungen im Bereich des „Bodyweight-Trainings“. Immer wenn man glaubt, alle Übungen gesehen zu haben, kommt wieder jemand vorbei und macht eine Übung, auf die man in drei Leben nicht gekommen wäre.
Die eigentliche Kunst scheint nun zu sein, diese Übungen auch entsprechend einzuordnen und zu bewerten. Hier greifen wir in der Regel auf die Anatomie und die Biomechanik zurück. Auf die Anatomie insofern, als dass man die einzelnen Muskeln durchaus differenzieren können muss, um zu sagen, welche Übung für welchen Muskel gedacht ist.
Die Biomechanik, da die einfachsten Regeln der Physik in Bezug auf unseren Körper die Übungen sehr gut bewerten und auch verändern können. Gemeint ist zum Beispiel das Hebelgesetz, welches schon in der Antike von einem gewissen Herrn Archimedes formuliert worden ist.

Die Übungen sollten stets auf den Zielmuskel abgestimmt und angepasst werden.
Ohne hier näher ins Detail gehen zu wollen, sollte allgemein bekannt sein, dass es einen Unterschied macht, wie lang oder kurz der sogenannte Hebelarm bzw. Lastarm bei einer Übung ist. Ergo kann man durch bloßes Hinschauen oft schon eine Übung bewerten und durch „Nachdenken“ diese Übung auch adäquat modifizieren.
Auf gut Deutsch: Wenn Du keine normale Liegestütze schaffst, verkürze den „Hebel“, indem Du auf die Knie gehst. Eine weitere physikalische Tatsache ist, dass wir immer dann optimal Kraft aufbringen bzw. anwenden können, wenn wir stabil am Boden verankert sind. Wenn also bei einer Übung eine Progression gefordert ist, kann man die Übung alleine durch einen instabileren Untergrund deutlich erschweren.
Was die Belastungen betrifft, so kann man die Steuerung eines solchen Trainings ganz ähnlich wie das Training an stationären Geräten gestalten. Man könnte so zum Beispiel die Wiederholungen und die Sätze seinem individuellen Trainingsziel anpassen.
Wenn man die Muskeln beispielsweise vergrößern will, könnte man ca. 10 Wiederholungen mit drei aufeinanderfolgenden Sätzen durchführen. Aber was tun, wenn es sich um eine statische Kraftübung handelt?
Ganz einfach: Schaue beim Training auf die Uhr! Wenn Du einen Reiz setzen willst, der zum Muskelwachstum beitragen soll, so führe die Übung ca. 30-40 Sekunden lang aus – bis zur muskulären Erschöpfung.

Ein trainingswirksamer Reiz ist abhängig von Zeit und Intensität der Übung.
Im Folgenden einige Ideen, um ein Training mit dem eigenen Körpergewicht möglichst abwechslungsreich und für den gesamten Körper zu gestalten:
Rückwärtiges Beinheben
Lege Dich auf den Bauch, die Stirn liegt auf den verschränkten Armen. Spreize die Beine ein bisschen mehr als hüftbreit. Hebe die noch leicht gebeugten Beine etwa 10cm vom Boden ab und halte diese Position.
Beteiligte Muskeln: Rückenstrecker, Großer Gesäßmuskel
Planke
Stütze Dich auf den Unterarmen und den Kniegelenken ab. Nun strecke die Beine, so dass Dein Gewicht auf den Unterarmen und den Fußspitzen liegt. Kopf, Rumpf, Po und Beine bilden eine Linie. Halte diese Position und achte darauf, dass der Rücken gerade ist.
Beteiligte Muskeln: Rückenstrecker, Großer Gesäßmuskel, Beinbeugemuskulatur, Gerader Bauchmuskel, Seitliche Bauchmuskulatur
Kniebeugen
Stelle die Füße schulterbreit auf, die Fußspitzen zeigen leicht nach außen in Richtung der Knie. Beuge die Knie, bis sich die Oberschenkel parallel zum Boden befinden. Achte darauf, dass die Knie über den Zehenspitzen bleiben und der Rücken gerade ist.
Beteiligte Muskeln: Vierköpfiger Oberschenkelmuskel, Rückenstrecker, Großer Gesäßmuskel
Crunches
Lege Dich auf den Rücken, stelle die Beine so auf, dass nur die Fersen den Boden berühren. Die Hände befinden sich links und rechts am Kopf, die Ellenbogen sind abgespreizt. Der Blick ist zur Decke gerichtet. Hebe den Oberkörper vom Boden und rolle den Oberkörper in Richtung Knie. Anschließend senke den Oberkörper, lege die Schultern aber nicht ab.
Beteiligte Muskeln: Gerader Bauchmuskel
Schulterheben
Lege Dich auf den Bauch, die Arme sind nach vorne gestreckt. Hebe die Schultern an, atme ruhig weiter und halte die Spannung für einige Sekunden. Achte darauf, nicht ins Hohlkreuz zu gehen und den Kopf in der Verlängerung der Wirbelsäule zu halten.
Beteiligte Muskeln: Rückenstrecker, Schultermuskulatur
Beckenlift
Lege Dich auf den Rücken, stelle die Beine so auf, dass der gesamte Fuß auf dem Boden aufliegt. Die Arme liegen abgespreizt vom Körper auf dem Boden. Hebe nun das Becken an, so dass sich Hüfte und Oberkörper in einer Linie befinden.
Beteiligte Muskeln: Rückenstrecker, Großer Gesäßmuskel, Beinbeugemuskulatur
Liegestützen
Stütze Dich auf den Handflächen und den Fußspitzen ab, die Hände sind auf Höhe der Brust und etwas breiter als schulterbreit aufgestellt. Kopf, Oberkörper und Beine bilden eine Linie. Senke nun den Oberkörper, indem Du die Arme in den Ellenbogengelenken beugst. Sobald die Nase beinahe den Boden berührt, drücke Dich wieder nach oben.
Beteiligte Muskeln: Großer Brustmuskel,Trizeps,Deltamuskel
Seitstütz
Stütze Dich auf dem linken Unterarm und dem linken Knie ab. Strecke den rechten Arm nach oben, der Blick ist nach vorne gerichtet. Hebe die Hüfte an, so dass Oberkörper und Hüfte eine Linie bilden und strecke das rechte Bein Richtung Decke. Halte diese Position kurz, anschließend Seitenwechsel.
Beteiligte Muskeln: Seitliche Bauchmuskulatur, Großer Gesäßmuskel
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