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Die optimale Wiederholungszahl

Wie schwer, wie oft, wie schnell trainieren - eine Frage bewegt seit langem die Gemüter vieler Fitness-Sportler: Wie viele Wiederholungen muss man pro Satz machen, um eine Hypertrophie, also ein Dickenwachstum der Muskeln zu erreichen?

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Bemüht man die einschlägige Literatur, findet man Empfehlungen zwischen 6 und 20 Wiederholungen pro Satz. Die meisten deutschen Autoren empfehlen, acht bis zwölf Wiederholungen auszuführen, während die amerikanischen Autoren eher Wiederholungszahlen von sechs bis zehn postulieren. 

Der Unterschied zwischen sechs und zwölf Wiederholungen ist allerdings noch groß genug, um leidenschaftliche Diskussionen unter Fitness-Sportlern und sogar Wissenschaftlern auszulösen. Um diesem Mysterium auf den Grund zu gehen, stelle man sich folgende Situation im Fitnessclub vor:

Karl und Klaus Mustermann sind eineiige Zwillinge und trainieren seit zehn Jahren intensiv im Fitnessclub. Die beiden haben eine gut ausgeprägte Muskulatur und sind in etwa gleich stark. Sie trainieren gleich oft, ernähren sich ähnlich und haben auch sonst einen vergleichbaren Lebensstil. Das Einzige, was beide unterscheidet, ist die Wiederholungszahl beim Krafttraining. Karl macht seit jeher immer sechs Wiederholungen. Klaus dagegen führt immer zwölf Wiederholungen pro Satz aus. 

 


Die Wiederholungszahl kann nicht als alleiniger Parameter als valide Vorgabe für einen definierten Trainingsreiz gelten.


 

Gerne erzählen die beiden Mustermanns anderen Trainierenden von ihren Trainingsgewohnheiten. Das Resultat: etliche Diskussionen über die „optimale Wiederholungszahl“. Beobachtet man die beiden jedoch einmal während des Trainings, dann fällt Folgendes auf: Bei der Übung Bankdrücken verwenden beide 80kg für ihren Satz. Allerdings ist das Ausführungstempo unterschiedlich. Karl (sechs Wiederholungen) trainiert deutlich langsamer als sein Bruder Klaus. Um genau zu sein: Die Bewegungsgeschwindigkeit von Klaus (zwölf Wiederholungen) ist exakt doppelt so hoch wie bei seinem Bruder. 

 

„Time under Tension“

Betrachtet man die gesamte Zeit des Trainingssatzes, bewegen beide das Gewicht über einen Zeitraum von 30 Sekunden. Das heißt, sowohl die Höhe der Spannung des Muskels, die unter der Last von 80kg generiert wird, als auch die Zeit, in der der Muskel unter Spannung steht, sind gleich. Ergo ist sowohl der mechanische als auch der metabolische Anreiz - beide haben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen hohen Stellenwert bei der Anpassung des Skelettmuskels - durchaus vergleichbar. Diese so genannte „Time under Tension“ scheint folglich ein sehr wichtiger und bislang in der Literatur fast unbehandelter Faktor zu sein, den es bei der Definition von Trainingsreizen zu berücksichtigen gilt. 

 

Bewegungstempo 

Damit sei nicht gesagt, dass das Bewegungstempo keine Rolle spielt. Sportlich gesehen folgt die Form sicherlich der Funktion. Wenn ein Boxer z.B. eine sehr langsame Kontraktionsgeschwindigkeit für sein Training wählen würde, könnte es sein, dass seine Schlagkraft und Power deutlich nachlässt. Es kann davon ausgegangen werden, dass schnelle Kontraktionsgeschwindigkeiten auch zu morphologischen Adaptionen, wie der Ausprägung von schnellen Typ II Muskelfasern, und neuronalen Adaptionen wie einer verbesserten muskulären Koordination führen. Die Hypertrophie scheint allerdings davon nicht unmittelbar abhängig zu sein. Daher kann die Wiederholungszahl als alleiniger Parameter nicht als valide Vorgabe für einen definierten Trainingsreiz gelten. Die „Time under Tension“ relativiert somit die Diskussion über die optimale Wiederholungszahl. 

 

Der optimale Trainingsreiz

Zwei Tatsachen sollten in der Diskussion des optimalen Trainingsreizes nicht unerwähnt bleiben. Zum einen weiß man, dass nicht jeder Mensch gleich auf Krafttrainingsreize reagiert. Das sollte den Mut zum Experimentieren fördern. Vielleicht reagiert Dein Muskel ja besonders auf Reize mit hohen Wiederholungszahlen und entsprechend langen Spannungszeiten. Zum anderen ist selbst der perfekte Trainingsreiz nach einer gewissen Zeit der Anpassung dem Gesetz der Akkomodation unterlegen. 

Das heißt, wenn der Muskel sich an eine gegebene Belastung angepasst hat, sollte man einen neuen Reiz setzen, um ein weiteres Wachstum der Muskulatur anzuregen. Eine optimale Wiederholungszahl kann es demnach gar nicht geben. Man sollte also regelmäßig die Art bzw. die Methode des Trainings wechseln und nicht dem tristen und stagnierenden Trainingsalltag verfallen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass ein Muskel zählen kann, geht gegen null.

 

Unser Rat:

Kläre die Intensität mit Deinem Trainer ab. Er ist Trainingsexperte und steht Dir gern mit Rat und Tat zur Seite. In jedem Fall ist es sinnvoll, dass Du Dein Training von Zeit zu Zeit modifizierst, damit Deine Muskulatur immer wieder neue Wachstumsreize erhält.