Belastungen beim Skifahren
Bei all der Euphorie und Vorfreude wird häufig vergessen, dass der eigene Körper in der Regel nicht an die Bedingungen beim Skifahren angepasst ist. Die meisten der beliebten Wintersportziele befinden sich in über 3000m Höhe, wo die Luft spürbar dünner ist als im Tal. Viele fühlen sich daher permanent erschöpft, klagen über Kopfschmerzen und können bei Überlastung sogar das Bewusstsein verlieren.
Hinzu kommen sehr hohe Belastungen auf Gelenke, stabilisierende Bänder und Sehnen. Seitdem sich die leichteren Carving-Skier immer größerer Beliebtheit erfreuen, haben diese Belastungen in den letzten Jahren immer weiter zugenommen. Dies gilt natürlich in erster Linie für die Kniegelenke, weshalb Kreuz- und Seitenbandrisse zu den häufigsten Verletzungen beim Skifahren zählen. Doch selbst auf die Schulter- und Ellenbogengelenke wirken große Belastungen, weshalb ein vorbereitendes Ganzkörpertraining absolut sinnvoll ist.
Effekte von Skigymnastik
Viele denken bei Skigymnastik intuitiv an alte Tele Gym Aufzeichnungen, in denen Frauen mit engen violettfarbenen Leggins versuchen, das Publikum vor dem Bildschirm zu motivieren. Auch wenn diese Bilder heute eher amüsant wirken, so hat sich an den Übungen nicht viel geändert. Es handelt sich um ein effektives Ganzkörpertraining mit speziellem Fokus auf der Bein- und Rumpfmuskulatur, die beim Skifahren besonders belastet wird.
Bei statischen Übungen versuchen, ruhig und gleichmäßig zu atmen.
Nichts ist schlimmer als ein starker Muskelkater nach dem ersten Tag im Wintersportgebiet. Das Brennen im Oberschenkel- und Gesäßbereich macht eine entspannte Abfahrt quasi unmöglich und sorgt zudem dafür, dass die Fahrtechnik immer weiter abnimmt. Dadurch sind technische Fehler und Verletzungen fast schon vorprogrammiert. Um das zu verhindern zielt die Skigymnastik in erster Linie auf die Verbesserung der Kraftausdauer ab und trainiert zusätzlich die Koordination und den Gleichgewichtssinn, ohne den jede Abfahrt wohl relativ schnell zu Ende geht.
Skigymnastik nur für Skifahrer?
Auch wenn Skigymnastik besonders sinnvoll ist, um sich auf die spezifischen Belastungen auf der Piste vorzubereiten, profitieren nicht nur Skifahrer von den positiven Trainingseffekten. Im Alltag sind unsere Gelenke ständigen Belastungen ausgesetzt, die von stabilisierenden Muskeln abgefangen werden. Wenn diese Muskeln jedoch nicht ausreichend trainiert sind, kommt es auf lange Sicht zu Schmerzen. Am häufigsten kann dies im Bereich des Rückens und der Wirbelsäule beobachtet werden. Speziell Menschen, die berufsbedingt sehr viel Zeit im Sitzen verbringen, wird von Ärzten ein zusätzliches Stabilisierungstraining empfohlen, das sich im Grunde nur marginal von den Übungen der Skigymnastik unterscheidet.
Überführe die Übungen in Deinen Alltag, z.B. beim Zähneputzen.
Wer nur seine allgemeine Fitness verbessern möchte, macht ebenso keinen Fehler, wenn er sich zur Skigymnastik anmeldet. Die Übungen kräftigen die Muskulatur, bringen den Kreislauf in Schwung und eignen sich somit perfekt als Workout für Abnehmwillige. Durch die Mischung aus Kraft und Ausdauer wird Muskulatur erhalten und aufgebaut, welche den Grundumsatz erhöht und die Fettverbrennung ankurbelt. Zusätzlich werden während der intensiven und andauernden Belastung sehr viele Kalorien verbrannt.
Core-Workout
Eine der Besonderheiten der Skigymnastik stellt der Trainingseffekt auf die Tiefenmuskulatur dar. Im Grunde kann unsere Muskulatur in den oberflächlichen Teil und den Skelett nahen, tief liegenden Teil unterschieden werden. Die oberflächliche Muskulatur ist für aktive Bewegungen zuständig und kann daher durch willentliche Anspannung sehr gut trainiert werden.
Beispiele dafür sind das Kreuzheben oder die Hyperextension, bei der die oberflächliche Rumpfmuskulatur gekräftigt wird. Die Tiefenmuskulatur jedoch arbeitet im Bereich der Wirbelsäule vielmehr als Stabilisator, um mögliche Schwankungen und Stöße auszugleichen. Die oberflächliche Rumpfmuskulatur alleine kann unmöglich alles stabilisieren, weshalb es wichtig ist, die Funktion der Tiefenmuskulatur zu erhalten.
Plane mindestens 6 Wochen Vorbereitungszeit für die Belastungen beim Skifahren ein.
Durch mangelnde Reize, vor allem bei längerer Tätigkeit im Sitzen, kann die Core-Muskulatur schnell verkümmern. Verschiedene Balanceübungen der Skigymnastik zielen genau auf diesen Teil der Muskulatur ab, die dabei hilft, dass die Wirbelkörper reibungslos ineinander greifen und keine Schmerzen verursachen.
Auf der Piste sind die auszugleichenden Schwankungen durch den unebenen Boden sehr groß. Um diese extremen Bedingungen zu simulieren, gibt es eine Reihe von Hilfsmitteln wie Balance Boards, welche die Differenzierungsfähigkeit und den Gleichgewichtssinn noch stärker beanspruchen. Wenn das nicht reicht oder wenn aufgrund von Gelenkbeschwerden auch diese Übungen zu Schmerzen führen, kann die elektronische Muskelstimulation (EMS) eine sinnvolle Alternative sein. Hierbei wird die Muskulatur über externe Stromreize zur Kontraktion gebracht, ohne dabei eine Belastung auf die Gelenke auszuüben.
Der Skigymnastik-Zirkel
Jetzt wo klar sein sollte, wie Skigymnastik wirkt und dass es nicht nur im Hinblick auf die Wintersaison Sinn macht, sich mit den Übungen fit zu halten, kann es an die Praxis gehen. Ein großer Vorteil ist, dass die folgenden Übungen kein spezielles Equipment voraussetzen und auch zu Hause ausgeführt werden können, wenn Du mal keine Zeit hast, ins Fitnessstudio zu gehen. Es kann also auch bei schlechtem Wetter kaum noch Ausreden geben, nicht zu trainieren. Mit diesen 5 Übungen kann man sich entweder auf den Skiurlaub vorbereiten oder Saison unabhängig einfach nur fit halten.
Warm-Up
Bevor es mit dem eigentlichen Workout losgeht, empfiehlt sich ein kurzes Aufwärmprogramm, um den Körper auf Betriebstemperatur zu bringen und die Gelenke auf die anstehende Belastung vorzubereiten. Dazu einfach für etwa zwei Minuten auf der Stelle gehen und die Arme dabei in einer Rotationsbewegung wie ein Rückenschwimmer nach hinten bewegen. Nach der Hälfte der Zeit kann die Richtung geändert werden.
1. Abfahrtshocke
Die erste Übung ist eine Standardübung der Skigymnastik und erinnert in der Form schon sehr an die eigentliche Position beim Alpin-Ski. Die Beine sollten hüftbreit stehen, während die Knie immer weiter gebeugt, der Oberkörper immer weiter nach vorne geneigt und das Gesäß gleichzeitig abgesetzt wird. In dieser Position nun 60 Sekunden bleiben, die Arme nach vorne strecken und das Gewicht langsam von einem Bein auf das andere verlagern. Durch diese Simulation der Abfahrtshocke wird die gesamte Beinmuskulatur gekräftigt, wodurch die Kraftausdauer bei der Abfahrt erhöht wird.
2. Diagonalstrecker
Der Fokus der nächsten Übung liegt ganz klar auf der stabilisierenden Rückenmuskulatur. In der Ausgangsposition liegt man mit ausgestreckten Armen flach auf dem Bauch. Die Bewegungsidee besteht nun darin, den Kopf und jeweils einen Arm und das gegenüberliegende Bein anzuheben. Die Spannung für 15 Sekunden halten, kurz ablassen und anschließend die Seite wechseln. Insgesamt sollte jede Seite 5-mal angespannt werden. Speziell wer derartige Belastungen nicht gewohnt ist, wird schnell ein leichtes Brennen im Rückenbereich spüren.
3. Bauchstütz
Ohne Pause geht es aus der fast identischen Position über in den Bauchstütz. Dazu einfach die Ellbogen auf dem Boden abstützen und das Gesäß anheben, sodass der Körper eine Linie bildet. Den Bauch anspannen und diese Position für eine Minute halten. Wer das Ganze steigern möchte, kann auch hier abwechselnd Arme und Beine anheben. Durch diese Übung wird die angesprochene Tiefenmuskulatur sehr gut gereizt und der gesamte Rumpf gekräftigt.
4. Eiskunstläufer
Nach diesen Kräftigungsübungen empfiehlt sich als nächstes eine Balanceübung, welche zusätzlich auch auf die Core-Muskulatur abzielt. Während das gesamte Gewicht auf das vordere, leicht gebeugte Bein gelegt wird, langsam das andere Bein abstrecken und den Oberkörper nach vorne beugen, sodass er mit dem gestreckten Bein eine Linie bildet. Die Arme dabei senkrecht vom Körper abstrecken und für 45 Sekunden halten. Anschließend ohne Pause zur anderen Seite übergehen.
5. Besensprünge
Die letzte Übung eignet sich hervorragend, um den Zirkel abzurunden und gegen Ende noch einmal an das konditionelle Limit zu gehen. Einfach einen Skistock, Besen oder anderen stabähnlichen Gegenstand auf den Boden legen und mit geschlossenen Beinen schnellstmöglich von links nach rechts springen. Wem 25 Sprünge am Stück noch zu viel sind, der kann auch das Tempo verringern oder nach 10 bis 15 Sprüngen kurz pausieren.
Tipps zur Skigymnastik
Den gesamten Zirkel sollte man im Idealfall drei bis vier Mal ohne Pause zwischen den Übungen durchlaufen. Somit werden die einzelnen Muskeln nicht nur gekräftigt, sondern auch das Herz-Kreislauf-System in Schwung gebracht und die Kondition verbessert.
Falls das Training als Vorbereitung auf den Skiurlaub dienen soll, empfiehlt es sich, mindestens sechs Wochen vor der Abreise zu beginnen. Ski Experten sind sich hierbei relativ einig und empfehlen, das oben beschriebene Trainingsprogramm mindestens zwei und im Idealfall drei Mal pro Woche zu absolvieren. Wem es schwer fällt, sich für die Gymnastik zu motivieren, sollte versuchen, einige Übungen in den Alltag einzubauen.
Dafür kann es schon hilfreich sein, während des Zähneputzens auf einem Bein zu stehen. Wem das noch nicht genug ist, der kann auch gleichzeitig versuchen, mit dem anderen Bein eine acht über dem Boden zu zeichnen. Solche Übungen verbessern sowohl Koordination als auch Gleichgewichtssinn und machen die tägliche Zahnpflege in jedem Fall um einiges abwechslungsreicher.
Fazit
Wie man sieht, ist Skigymnastik nicht nur sinnvoll, um Verletzungen beim Skifahren vorzubeugen. Das intensive Kurzworkout kräftigt die Tiefenmuskulatur, sorgt für eine gute Form auf der Piste und bringt zudem auch die Ausdauer in Schwung. Wenn Du also Abwechslung in Dein Training bringen möchtest oder Dich einfach fit und gesund halten willst, machst Du mit Skigymnastik sicherlich keinen Fehler.