Zu wenig Sport bzw. Bewegung und unser Körper baut vorzeitig ab und wird häufig krank. Zu viel des Guten kann allerdings einen ähnlichen Effekt haben. Daher scheint es von essentieller Bedeutung, die „optimale Dosis“ der sportlichen Belastung herauszufinden.
Der menschliche Körper passt sich seit jeher an nahezu alle Belastungen an, mit denen wir ihn konfrontieren. Konfrontieren wir ihn mit einer regelmäßigen und optimalerweise auch planmäßigen Belastung, nennen wir das in der Regel: Training! Um den Körper zu einer Anpassung oder an eine sportliche Belastung zu bringen, müssen wir ihn aus seinem gewohnten Gleichgewicht bringen. Das tun wir zum Beispiel, indem wir Hanteln bewegen, gegen einen Lederball treten oder in merkwürdigen Schuhen stundenlang vor etwas davonlaufen... Jede Trainingsbelastung, die einen sogenannten „trainingswirksamen Reiz“ auslöst, also eine gewisse Reizintensität überschreitet, kann als ein solches Ereignis gewertet werden.
Wenn wir nun davon ausgehen, dass unsere Energie durch diese körperliche Belastung zunächst in den Keller geht – wir nennen das Erschöpfung – und in der Ruhephase nach dem Training allmählich wieder zurückkehrt – wir nennen das Erholung – könnte man von einer Kompensation der verlorenen bzw. umgesetzten körperlichen Energie sprechen.
Dies erklärt allerdings noch nicht, warum der Körper bei langfristiger Belastung seinen Ist-Zustand verbessert. Ganz trivial formuliert, reagiert der Körper auf diesen plötzlichen Energieverlust nach der Erholung mit einer kurzfristigen Erhöhung der zu nutzenden Energie. Das bedeutet, es gibt ein gewisses Zeitfenster, in dem der Körper seine ursprüngliche energetische Situation nicht nur kompensiert (also ausgleicht) sondern sogar überkompensiert (Superkompensation). (Siehe Abb. 1)

Abb. 1: Prinzip der Superkompensation
Genau dieses Zeitfenster scheint nun optimal, um den nächsten Trainingsreiz zu setzen. Wenn man es schafft, das nächste Training in dieser Phase der Superkompensation durchzuführen, ist mit einem fast stetigen Leistungszuwachs zu rechnen. (Siehe Abb. 2)

Abb. 2: Nächster Trainingsreiz im Bereich der Superkompensation = optimales Timing
Aber wann ist dieses Zeitfenster „geöffnet“? Und was, wenn ich zu früh oder zu spät den nächsten Trainingsreiz setze? Zumindest die letzteren Fragen sind schnell beantwortet. Wenn ich die nächste Trainingseinheit etwas zu früh durchführe, also nach der Erholung, aber noch vor der Superkompensationsphase, werde ich in der Regel keine besondere Leistungssteigerung erreichen. (Siehe Abb. 3)

Abb. 3: Trainingsreiz etwas zu früh im Bereich unmittelbar nach der Erholung im „Ausgangsstadium“ = Leistungsstagnation
Ein ganz ähnliches Phänomen ist zu beobachten, wenn man den nächsten Trainingsreiz etwas zu spät setzt. Wenn die zusätzliche Energie also nicht mehr genutzt werden kann. (Siehe Abb. 4)

Abb. 4: Trainingsreiz etwas zu spät, nach der Superkompensationsphase wieder im „Ausgangsstadium“ = Leistungsstagnation.
Ein echtes Problem bekommen wir zum Beispiel dann, wenn wir den Trainingsreiz deutlich zu früh setzen und im Bereich der unvollständigen Erholung das nächste Training durchführen. Hier kann es nicht nur zu einem Leistungsrückgang kommen, sondern auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Typische Zeichen hierfür sind zum Beispiel neben einem Rückgang der Leistungsfähigkeit auch eine gehäufte Infektanfälligkeit, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen und Überlastungsschäden. (Siehe Abb. 5)

Abb. 5: Trainingsreiz deutlich zu früh im Bereich der Erholung bedingt Leistungsrückgang.
Die Frage, wann denn genau der optimale Zeitpunkt für die nächste Trainingseinheit ist, konnte bis heute nicht wirklich wissenschaftlich geklärt werden. Zu viele Faktoren, wie zum Beispiel die Intensität des Trainings, das Alter und der Trainingszustand des Trainierenden, die Ernährung und die Erholungsphasen des Trainierenden, die hormonelle Situation und auch die Art der Trainingsbelastung spielen hier eine entscheidende Rolle.
Da es also kein mathematisches Modell zur Berechnung der nächsten Trainingseinheit gibt, sollte man auf subjektive Signale des Körpers achten.
Um nur eines aufzugreifen: der Muskelkater ist durchaus als entsprechendes Signal zu verstehen. Nach intensiven Belastungen, die zum Beispiel die Muskulatur sehr erschöpfen, kann dieser mal 2-3 Tage andauern und diese Pause sollte man seinem Körper auch gönnen. Generell kann man einige Empfehlungen für bestimmte Trainingsbelastungen geben:
- Leichtes Ausdauertraining: ca. 24 h
- Intensives Ausdauertraining: ca. 48 h
- Leichtes Krafttraining: ca. 48 h
- Intensives Krafttraining: ca. 72 h
- Hochintensives Training: ca. 3-5 Tage (in extremen Fällen sogar mehr)
Trainiere also nicht einfach wild drauf los, sondern gib Deinem Körper die notwendigen Ruhephasen. Nur ein harmonisches Zusammenspiel zwischen Belastung und Erholung wird Dich langfristig zum gewünschten Ziel bringen.