Merkwürdigerweise trat sie erst seit kurzem auf, nachdem die Ernährung von ungeschältem braunen Reis auf weißen, geschälten Reis umgestellt wurde. Eben in dieser Zeit hielten gerade die in Europa neu entwickelten Reisschälmaschinen auch im fernen Osten Einzug.
Casimir Funk gelang es, aus den Randschichten des Reiskorns einen Stoff – das Thiamin bzw. Vitamin B1 - zu isolieren, mit dem man die „Beriberi“ genannte Krankheit sofort heilen konnte. Dabei handelt es sich um eine stickstoffhaltige Verbindung, also chemisch gesehen ein „Amin“. Casimir Funk fügte das lateinische „Vita“ (Leben) hinzu - und schon war das Wort „Vitamin“ geboren.
Die meisten weiteren Vitamine wurden dann in den Jahren 1925 bis 1940 entdeckt. Die deutschen Chemiker Paul Karrer, Richard Kuhn und Otto Warburg wurden für ihre bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der Vitaminforschung mit dem Nobelpreis geehrt. Weltweit waren damals über 20 Forscherteams damit beschäftigt, neue Vitamine zu entdecken und deren Wirkungen auf den menschlichen Organismus zu erforschen.
Vitaminmangel in früheren Zeiten
Ein weiteres bekanntes Beispiel für eine Vitaminmangel-Erkrankung war der Skorbut. Die Seefahrer früherer Jahrhunderte erkrankten oft während langer Fahrten daran. Die Symptome waren Zahnfleischbluten, Zahnausfall, Magen- und Darmblutungen sowie Muskelschwund und viele Matrosen wurden letztlich durch Organversagen dahingerafft. Ursache für diese Erkrankung war, dass man sich auf See oft monatelang nur von Schiffszwieback, Eingepökeltem und Fischen ernährte. Obst und Gemüse fehlten ganz. Es war der bekannte Weltumsegler James Cook, der 1776 dafür dekoriert wurde, dass er keine Matrosen mehr durch Skorbut verlor. Er erhielt einen Tipp vom englischen Schiffsarzt James Lind und führte Sauerkraut und Zitronen mit, beides Lebensmittel mit einem hohem Vitamin C-Gehalt. Fortan ging kein Matrose mehr durch Skorbut verloren.
Ganz ähnlich war es mit der "englischen Krankheit", die auf mangelnde Vitamin D-Versorgung zurückzuführen und heute fast ausgestorben ist. Diese Krankheit wurde erstmals bei englischen Kindern beobachtet, die in lichtarmen Hinterhöfen aufwuchsen. Da Vitamin-D vom Körper nur unter dem Einfluss von Sonnenlicht gebildet werden kann und dieses Vitamin für die Einlagerung von Kalk in das Knochengerüst verantwortlich ist, kam es bei diesen Kindern zu schweren Missbildungen des Skeletts.
Welche Vitamine gibt es und wie wirken sie?
Heute kennt man 13 Vitamine, von denen nur zwei - nämlich die Vitamine D und Niacin – unter bestimmten Voraussetzungen vom Körper selbst synthetisiert werden können. Deshalb bezeichnet man Vitamine auch als „essentielle“ Wirkstoffe, weil sie dem Körper von außen mit der Nahrung zugeführt werden müssen. Vitamine liefern keine Energie, sind aber für die Aufrechterhaltung von Leistungsfähigkeit und Gesundheit des menschlichen Körpers sowie für den ungestörten Ablauf zahlreicher Stoffwechselvorgänge unerlässlich. Sie stärken die Sehkraft, regulieren die Blutgerinnung, stimulieren das Längen- und Spermienwachstum, fördern die Calciumaufnahme, verbessern die Immunabwehr, wirken als Radikalfänger und vieles mehr. Welche Vitamine es gibt, welche Funktionen sie haben, wo sie vorkommen und wie viel man zu sich nehmen sollte, zeigt die Abbildung.
Manche Vitamine, nämlich die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K können vom Körper gespeichert werden. Alle anderen sind wasserlöslich und die unverbrauchte Menge wird ausgeschieden. Das bedeutet, dass gerade die wasserlöslichen Vitamine des B-Komplexes, ferner das Biotin, Folat, Niacin, das Vitamin C und die Pantothensäure dem Körper regelmäßig zugeführt werden müssen.

Vitaminmangel-Erkrankungen heute
Zum Glück treten Krankheiten aufgrund von Vitaminmangel in Deutschland nur noch selten auf. Die regelmäßig vom Max-Rubner-Institut (MRI) im Auftrag der Bundesregierung durchgeführte „Nationale Verzehrstudie“ beweist, dass die Deutschen im Normalfall ausreichend mit Vitaminen versorgt sind. Lediglich bei zwei Vitaminen - Folat und Vitamin D – kann es vermehrt zu einer Unterversorgung kommen.
Bei Vitamin D liegt dies daran, dass in nur wenigen Lebensmitteln dieses Vitamin enthalten ist. Es wird insbesondere unter Einwirkung der Sonne gebildet. Aufgrund der geänderten Arbeitssituationen - mehr Büroarbeit, weniger im Freien - fällt der Aufenthalt in der Sonne heute meist zu kurz aus. Hinzu kommt, dass im Winter der Sonnenlichteinfall in unseren Breitengraden für die Bildung von Vitamin D nicht ausreicht.
Vitaminräuber
Achte auch auf Vitaminräuber. Diese sind insbesondere das Rauchen, ein hoher Alkoholkonsum, bestimmte Krankheiten, Dauerstress und Crash-Diäten. Durch Rauchen entstehen freie Radikale. Raucher haben daher einen erhöhten Bedarf an den Vitaminen A, C und E, die als Antioxidantien Schutz vor freien Radikalen bieten.
Regelmäßiger Alkoholkonsum blockiert die Aufnahme der B-Vitamine, vor allem Vitamin B1. Aber auch bei den Vitaminen A und C besteht für den Abbau von Alkohol ein erhöhter Bedarf. Auch Dauerstress kann an den Vitaminreserven zehren. Davon betroffen sind vor allem Vitamin C, B1, B6 und B12. Vitaminmangel kann ebenso im Alter auftreten. Oft wird weniger gegessen, zu wenig Wasser getrunken und insgesamt lässt die Stoffwechselaktivität nach.
Aber auch bestimmte Krankheiten können Mangelerscheinungen auslösen. Verantwortlich dafür sind vor allem Lebererkrankungen, Darmentzündungen und eine Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse bedingt durch eine verminderte Vitaminresorption. Zu Vitaminverlusten kommt es zudem bei chronischen Durchfällen. Und bei Menschen mit Diabetes mellitus liegt der Vitamin-C-Spiegel um ca. 30 Prozent niedriger als bei Gesunden.
Bevorzuge Vollkornprodukte, denn das ungeschälte Korn enthält viele wertvolle Vitamine und Ballaststoffe.
Frauen, die die Pille nehmen, sollten auf eine ausreichende Versorgung mit den Vitaminen B2, B6, B9 und B12 achten und stillende Mütter haben einen erhöhten Bedarf an den Vitaminen A, C, B1, B2 und B6. Die Verstoffwechslung von Zucker verbraucht ebenso Vitamin B1 wie ein erhöhter Kaffeegenuss. Letzteres liegt am Koffein, so dass dies für alle koffeinhaltigen Getränke gilt.
Sporttreibende haben durch das vermehrte Schwitzen einen höheren Bedarf an wasserlöslichen Vitaminen. Zu ihnen gehören die B-Vitamine und Vitamin C. Und um unsere Augen zu schützen, benötigen wir für die Bildschirmarbeit die Vitamine A, B2, C und E.
Crash-Diäten können, durch die reduzierte Nahrungsaufnahme, eine Unterversorgung mit den Vitaminen B2, B6, E und Folsäure auslösen. Zudem kann durch einen weitgehenden Verzicht auf Fett der Körper die fettlöslichen Vitamine E, D und K nicht ausreichend aufnehmen.
Wie Du Dich vitaminreich ernährst
Es ist nicht schwer, sich vitaminreich zu ernähren: Obst und Gemüse enthalten zahlreiche Vitamine, wobei es sinnvoll ist, dass man immer mal wieder andere Obst- und Gemüsesorten verzehrt, da jede Sorte andere Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe enthält.
Bevorzuge ferner Vollkornprodukte vor Weißmehl- und anderen raffinierten Produkten, denn gerade das ungeschälte Korn enthält viele wertvolle Vitamine und Ballaststoffe. Der hohe gesundheitliche Nutzen von Obst, Gemüse und Vollwertprodukten besteht – ganz im Gegensatz zu Präparaten, die nur einen Wirkstoff oder wenige isolierte Wirkstoffe enthalten – nicht nur im hohen Vitamingehalt, sondern darin, dass sie eine hohe Vielfalt von Wirkstoffen enthalten. In einem Apfel sind es über 1.000. Aber bedenke, dass sich drei viertel davon in oder direkt unter der Schale befinden.
Wasserlösliche Vitamine können vom Körper nicht gespeichert werden.
Heute wissen wir, dass nicht einzelne Vitamine und Mineralstoffe, vielmehr die Vielfalt biologisch aktiver Substanzen, die wir durch einen hohen Konsum von Gemüse und Obst aufnehmen, insgesamt positive Wirkungen auf die Gesundheit hat.
Ernähre Dich also vollwertig mit reichlich Obst, Gemüse und Vollkornprodukten, etwas Fleisch, Fisch und Eiern pro Woche, dann führst Du Deinem Körper eine ausreichende Menge an Vitaminen zu. Eine Überdosierung mit Vitaminen, wie sie bei bestimmten Präparaten schon mal vorkommen kann, ist bei einer solchen Ernährungsweise praktisch ausgeschlossen.
So vermeidest Du Vitaminverluste beim Kochen!
Mit dem richtigen Einkauf allein ist es aber nicht getan, denn leider werden viele Vitamine schnell durch den Einfluss von Sauerstoff, Licht und hohen Temperaturen beim Kochen zerstört. Beispielsweise sind die Vitamine A, E und C sehr empfindlich gegen Sauerstoff, wobei diese Empfindlichkeit noch durch die Hitzeentwicklung beim Kochen gesteigert wird. Vitamin B2 ist empfindlich gegen Licht und Vitamin B1 wird durch alkalische Umgebungen, z.B. Backpulver, zerstört. Wenn Vollkornmehl also mit Backpulver verarbeitet wird, dann wird dadurch sein Vitamin B1-Gehalt stark reduziert. Bemerkenswert ist auch die Empfindlichkeit von Vitamin C gegenüber Metallen wie Eisen oder Aluminium. Kocht man beispielsweise Früchte zu Marmelade ein und rührt mit einem Eisenlöffel um, wird dadurch das Vitamin C zerstört.
Um den Vitamingehalt der Speisen zu bewahren, solltest Du folgende Tipps beherzigen:
- Speisen (vor allem Obst und Gemüse) nicht unnötig dem Licht aussetzen. Je stärker und länger die Lichteinwirkung ist, desto mehr Vitamine gehen verloren.
- Obst und Gemüse erst unmittelbar vor dem Essen bzw. vor der Zubereitung zerkleinern, da Vitamine auch durch die Luft abgebaut werden. Der Sauerstoff oxidiert die Vitamine und zerstört sie.
- Belasse nach Möglichkeit die Schale an Obst, Gemüse, Kartoffeln. Es sind gerade die Randschichten, in denen besonders viele Vitamine, Spurenelemente und Ballaststoffe enthalten sind. Durch das Schälen gehen diese kostbaren Vitalstoffe zum größten Teil verloren.
- Vermeide langes Wässern! Natürlich solltest Du Nahrungsmittel vor der Zubereitung oder dem Verzehr gründlich säubern, damit Schmutz und chemische Rückstände entfernt werden. Durch zu langes Waschen werden Vitamine jedoch regelrecht weggeschwemmt.
- Stelle fertige Gerichte nicht längere Zeit warm, denn der Vitamingehalt der Lebensmittel nimmt umso stärker ab, je länger man sie höheren Temperaturen aussetzt. Decke Töpfe und Pfannen ab, damit die Vitamine nicht mit dem Dampf entweichen können.
- Verwende beim Einkochen, Zubereiten von Marmelade, Dünsten von Obst usw. einen Holzlöffel, denn durch Metalllöffel können Vitamine zerstört werden.