Was stimmt nun eigentlich? Wem soll man glauben - vor allem wenn man lästige Pfunde loswerden möchte? Aber langsam – schauen wir uns erst einmal an, was Kohlenhydrate sind, wo sie vorkommen, wie sie verdaut werden und welche Funktion sie im menschlichen Körper haben.
Die Funktion der Kohlenhydrate
Kohlenhydrate gehören neben Fett und Eiweiß zu den sogenannten „Makronährstoffen“. Ihre wesentliche Aufgabe besteht in der Bereitstellung von Energie für den Organismus. Sie sind sozusagen der „Treibstoff“ für Gehirn und Muskulatur. Ein Gramm Kohlenhydrate liefert 4 Kilokalorien.
Werden mit einer Mahlzeit mehr Kohlenhydrate aufgenommen, als zur Deckung des aktuellen Energiebedarfs benötigt wird, werden die überschüssigen Mengen in Leber und Muskel in Form von Glykogen gespeichert. Kohlenhydrate fungieren somit nicht nur als direkte Energiequelle sondern gleichzeitig auch als Energiereserve.
Komplexe Kohlenhydrate sind Bestandteile von Knochen, Sehnen und Bindegewebe.
Sind die Glykogenvorräte aufgefüllt, werden die verbleibenden Kohlenhydrate in der Leber in Triglyceride umgewandelt. Komplexe Kohlenhydrate sind darüber hinaus Bestandteile von Knochen, Sehnen und Bindegewebe sowie am Aufbau von Blutgruppensubstanzen und gerinnungshemmenden Stoffen beteiligt.
Einfach-, Zweifach- und Mehrfachzucker
Die Kohlenhydrate werden unterteilt in Einfach-, Zweifach- und Mehrfachzucker. Zu den Einfachzuckern, die auch „Monosaccharide“ genannt werden und nur aus einem Baustein bestehen, gehören u.a. die Glukose und die Fruktose. Die Glukose wird umgangssprachlich als Traubenzucker bezeichnet, die Fruktose ist als Fruchtzucker bekannt.
Die Zweifachzucker werden auch als „Disaccharide“ bezeichnet. Zu dieser Gruppe zählt die Saccharose, auch Haushaltszucker genannt, die Laktose, mit dem umgangssprachlichen Namen Milchzucker sowie die Maltose, die auch als Malzzucker bezeichnet wird. Mono- und Disaccharide zeichnen sich durch ihren süßen Geschmack aus.
Sind viele Einfachzucker in einer langen Kette aneinandergereiht, entstehen die komplexen Kohlenhydrate, die man auch Mehrfachzucker oder Polysaccharide nennt. Der wichtigste Vertreter dieser Gruppe ist die Stärke, die sich in Getreide, Kartoffeln, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten findet. Auch die Zellulose gehört zu den Polysacchariden. Sie findet sich in den Ballaststoffen, die für eine gesunde Ernährung äußerst wichtig sind.
Verdauung der Kohlenhydrate
Der menschliche Organismus kann Kohlenhydrate nur in Form von Monosacchariden aufnehmen. Die Verdauung der Kohlenhydrate beginnt bereits im Mund. Der Speichel enthält ein Enzym, das die langen Zuckerketten - die Polysaccharide, in kürzere Ketten oder Disaccharide spaltet.
Im Magen wird die Verdauung der Kohlenhydrate weitgehend unterbrochen, im Dünndarm jedoch wieder fortgesetzt. Das Enzym Amylase, das von der Bauchspeicheldrüse in den Verdauungstrakt ausgeschüttet wird, spaltet die Zuckerketten hier zu Zweifachzuckern, die dann schließlich in der obersten Schicht der Darmschleimhaut von den dort angesiedelten Enzymen zu Monosacchariden gespalten werden.
Der Blutzuckerspiegel sollte eine bestimmte Höhe nicht über- bzw. unterschreiten.
Die Einfachzucker können nun von der Darmwand aufgenommen und ins Blut abgegeben werden. Für den reibungslosen Transport der Kohlenhydrate im Blutkreislauf sowie für deren Aufnahme in die Zellen sind eine Reihe von Hormonen verantwortlich. Eine ganz besondere Bedeutung hat hierbei das Insulin.
Wirkung auf den Blutzuckerspiegel
Die Aufnahme von Kohlenhydraten erhöht vorübergehend den Blutzuckerspiegel, wobei jedes zugeführte Kohlenhydrat unterschiedlich auf den Blutzuckerspiegel wirkt. Da beispielsweise Glukose im Dünndarm rasch aufgenommen wird, steigt der Blutzuckerspiegel nach Aufnahme dieses Monosaccharids auch sehr schnell an. Fruktose steigert den Blutzuckerspiegel dagegen nur langsam.
So können unterschiedliche Lebensmittel trotz gleicher Kohlenhydratmenge eine unterschiedliche Wirkung auf den Blutzuckerspiegel haben. Ein Maß dafür ist der sogenannte glykämische Index (GLYX), der eine Auskunft darüber gibt, wie stark der Blutzuckerspiegel nach Verzehr eines kohlenhydratreichen Lebensmittels ansteigt.
Der Blutzuckerspiegel sollte eine bestimmte Höhe nicht über- bzw. unterschreiten und wird deshalb von einer Reihe von Hormonen konstant gehalten. Während das Insulin den Blutzuckerspiegel senkt, wirkt Glukagon erhöhend. Beide Hormone werden von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet.
Die Normwerte für den Blutzuckerspiegel liegen bei 80 bis 120 Milligramm pro 100 Milliliter. Bei einem Blutzucker unter 60 Milligramm pro 100 Milliliter liegt Unterzuckerung vor. Bei einem Blutzuckerspiegel über 140 Milligramm pro 100 Milliliter spricht man von einer Überzuckerung (siehe Abbildung 1). Hohe Blutglukosespiegel und vor allem auch Glukose im Harn können ein Hinweis auf Diabetes mellitus sein.

Bevorzuge Kohlenhydrate mit niedrigem GI
Der glykämische Index macht – wie oben erwähnt – eine Aussage über die Geschwindigkeit der Blutzuckersteigerung durch Speisen und Getränke. Ein niedriger GLYX bedeutet eine langsame, ein hoher GLYX eine schnelle Blutzuckersteigerung. Lebensmittel mit hohem GLYX, die rasch den Blutzuckerspiegel erhöhen – also beispielsweise zuckerhaltige Speisen und Getränke sowie Weißmehlprodukte – locken reichlich Insulin aus der Bauchspeicheldrüse. Dadurch wird der Blutzuckerspiegel schnell wieder gesenkt, wodurch ein starkes Hungergefühl ausgelöst wird und gleichzeitig der Abbau von Körperfett gehemmt wird – ein unerwünschter Vorgang, nicht nur wenn man Übergewicht reduzieren möchte.
Lebensmittel mit einem niedrigen GLYX – z.B. Vollkornprodukte, Haferflocken, Vollkornreis, Vollkornnudeln, Kartoffeln, Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte – lassen den Blutzucker hingegen nur langsam ansteigen und locken weniger Insulin aus der Bauchspeicheldrüse. Somit führen sie zu einer lang anhaltenden Sättigung und ermöglichen den Abbau von Körperfett.
Meide daher möglichst Speisen und Getränke mit einem hohen glykämischen Index, da diese langfristig Deine Bauchspeicheldrüse stressen und überdies den Fettabbau erschweren. Bevorzuge stattdessen Nahrungsmittel und Getränke mit einem niedrigen GLYX. Einige Lebensmittel und deren GLYX im Vergleich finden sich in Abb.2.
Wie viele Kohlenhydrate sollten es sein?
Kommen wir zurück zur Eingangsfrage: wie viele Kohlenhydrate sollte man zu sich nehmen? Kohlenhydrate stehen derzeit bei manchen Menschen im Verruf, denn sie gelten als Dickmacher. Einige Diäten schwören sogar darauf, abends keine Kohlenhydrate mehr zu konsumieren.
Man muss schon genau hinschauen: Kartoffeln, Reis und Nudeln enthalten gar nicht so viele Kalorien. Brot dagegen, auch wenn es sich um ein komplexes Kohlenhydrat handelt, enthält 200 bis 280 Kilokalorien pro 100 Gramm. Letztlich kommt es auf die Kalorienbilanz, d.h. die Differenz zwischen Energiezufuhr und -verbrauch an. Will man abnehmen, muss die Kalorienbilanz negativ sein, will man sein Gewicht halten, muss sie ausgeglichen sein. Hilfreich ist die Beachtung der Ernährungspyramide.
Die Ernährungsgesellschaften von Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich übrigens auf eine einheitliche Empfehlung geeinigt. Danach sind Kohlenhydrate mengenmäßig die wichtigste Energiequelle des Menschen. Empfohlen wird, dass mindestens 50% der täglichen Nahrungsenergie in Form von Kohlenhydraten aufgenommen wird.
Bevorzugt werden sollten in jedem Falle komplexe Kohlenhydrate in Form von stärke- und ballaststoffreichen Lebensmitteln. Diese Lebensmittel haben einen hohen Sättigungswert und enthalten außerdem zahlreiche Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Dadurch ist eine gesunde und vollwertige Ernährung gesichert.
Die Ernährungsberichte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigen jedoch, dass Kohlenhydrate durchschnittlich nur 40% - 45% der aufgenommenen Kalorien ausmachen. Weniger als die Hälfte der Bevölkerung schaffen 50%. Zudem besteht ein großer Teil der konsumierten Kohlenhydrate aus Einfachzuckern, Weißmehlprodukten und zuckerhaltigen Getränken.
Ersetze einfache durch komplexe Kohlenhydrate
Wie schaffst Du es nun, einfache durch komplexe Kohlenhydrate zu ersetzen? Einfach indem Du statt Weißbrot besser Vollkornbrot isst, Pellkartoffeln statt Kartoffelpüree, Naturreis statt weißem Reis, Obst und getrocknete Früchte statt Schokolade (siehe Abb. 3). Das ist nicht nur gesünder, sondern wird auch Deine Geschmacksnerven begeistern!
